Gestern war die Bundestagswahl und die vorläufigen amtlichen Wahlergebnisse liegen nun vor. Doch wie stehen die neu gewählten Volksvertreter zum Datenschutz? Wir haben die Positionen der Parteien aus den Wahlprogrammen im Folgenden für Sie zusammengefasst.
Die CDU/CSU
schreibt in ihrem Wahlprogramm, dass Datenschutz kein (Zitat) „Super-Grundrecht“ sei. Demnach solle eine übermäßige Auslegung dieses nicht durch bürokratische Akte zu Innovationshemmung führen. Ein weiterer wichtiger Punkt auf der To-do-Liste ist das Einführen des Rechts auf die viel diskutierte „e-ID“ beziehungsweise digitale Bürgeridentität. Ebenfalls für Diskussionsstoff seitens Datenschützern dürfte das klare „Ja“ zur Vorratsdatenspeicherung sowie der Einsatz von Videoüberwachung mit Gesichtserkennung an Gefahrenorten sorgen.
Eine zentrale Behördenstruktur soll laut Parteiprogramm in Zukunft dazu dienen, die Datenschutzaufsicht in Deutschland zu harmonisieren: „Einer genehmigt für alle“. Um den Datenschutz weiter zu modernisieren und zu vereinfachen, insbesondere mit Blick auf die Cookie-Nutzung, wird das Konzept eines freiwilligen Datenspendepasses vorgeschlagen. Die Datenschutz-/Monopolproblematik großer Online-Portale wird über eine mögliche Verpflichtung zur Interoperabilität angegangen.
Insgesamt fährt die Union somit die Linie weiter, welche sie in den letzten Jahren als Spitze der Politik vorgegeben hat. Wie sich das mit den Plänen der möglichen Koalitionspartner vereinbaren lässt, wird sich zeigen.
SPD
Eine etwas klarere Linie zugunsten des Datenschutzes ist im Wahlprogramm der SPD zu finden.
Wichtige Aspekte hierbei sind unter anderem:
- Eine sichere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
- Keine Klarnamenpflicht im Netz
- Die Entwicklung eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes
- Die Praxisnahe Verbesserung und Durchsetzung der DSGVO
Ähnlich der CDU/CSU wird bei der SPD eine gesetzliche Bindung sozialer Netzwerke, digitaler Dienste und weiteren online Plattformen zur Interoperabilität gefordert. Des Weiteren soll ein Datengesetz geschaffen werden, bei welchem das Gemeinwohl im Mittelpunkt steht. Um Daten für das Gemeinwohl nutzbar zu machen, wird eine vertrauenswürdige „Daten-teilen“ Infrastruktur angestrebt. Das Ziel der SPD ist es, bis 2030 eine digitale Infrastruktur auf Weltniveau aufzubauen.
Bündnis 90/ die Grünen
Auch im Wahlprogramm der Partei unter Kanzlerkandidatin Frau Baerbock finden sich einige Datenschutz-positive Ziele. So beziehen sie Stellung gegen:
- Pauschale Massenüberwachung
- Biometrische Erkennung im öffentlichen Raum
- Anlasslose Vorratsdatenspeicherung
- Generelle Hintertüren in Anwendungen und Geräten
Für einen fairen Wettbewerb auf digitalen Märkten soll wiederum der Digital Markets Act (DMA) mit einer „ambitionierten Umsetzung“ sorgen, in Verbindung mit der auch durch die vorherigen Parteien genannte Interoperabilität. Auch zum Thema Datenschutz in der Gesundheitsbranche gibt es Vorschläge. So sollen in Zukunft nach Vorstellung der Grünen anonymisierte und teils pseudonymisierte Gesundheitsdaten nach gegebener Einwilligung in der Forschung Verwendung finden. Ebenfalls gibt es noch spezifisch zum Thema „KI“ den Plan, gesetzliche Spielregeln für dezentrale Datenpools sowie Datentreuhänder zu schaffen.
Auf der Parteiwebsite ist folgender Satz zu finden:
„Wir streiten dafür, dass der Datenschutz weiter entwickelt wird zu einem Recht des Umgangs mit Informationen und Daten, der in allen Regelungsbereichen berücksichtigt wird.“
Ob ihnen hierbei lediglich ein Fehler unterlaufen ist, oder ob aus dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt tatsächlich ein Recht werden soll ist nicht klar ersichtlich.
FDP
Die Stärkung der Informationellen Selbstbestimmung wird durch das Wahlprogramm unter anderem im AGB-Recht gefordert. Ebenso sollen die folgenden Punkte diese unterstützen:
- Das Recht auf Verschlüsselung
- Quick Freeze Verfahren statt Vorratsdatenspeicherung
- Datenportabilität/Interoperabilität
- Privacy by Design und Default
- Keine flächendeckende Videoüberwachung
- Keine automatische Gesichtserkennung im öffentlichen Raum
- Erarbeitung eines EU-Rechtsrahmens für nicht-personenbezogene Daten
Außerdem sollen Staatstrojaner nicht eingesetzt werden, solange der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung nicht geschützt ist.
AfD
Neben dem Ziel die DSGVO abzuschaffen und zu ersetzen, gibt das Wahlprogramm der AfD einige Punkte vor um den Datenschutz zu stärken:
- Gesetzliche Verankerung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
- Gesetzliche Verankerung von Privacy by Design und Default
- Keine Software-Hintertüren-Nutzung durch Behörden
- Datenschutzbehörden stärken und gegen staatliche Stellen sanktionsfähig machen
- Keine zentralen Datenbanken vertraulicher Patientendaten
- Kein zentrales, bereichsübergreifendes Personenkennzeichen (E-ID)
In die entgegengesetzte Richtung schlägt jedoch der Plan an Kriminalneuralgischen Plätzen Videoüberwachung mit Gesichtserkennung einzusetzen. Die durch die anderen Parteien angegangenen Tech-Riesen sollen durch eine Digitalsteuer auf den Umsatz durch benutzerdefinierte Werbung und Nutzerdaten angegangen werden.
Die Linke
Auch im Wahlprogramm der Linken findet sich ein eigenes Unterkapitel zum Thema Datenschutz, welches mit einer Vielzahl an Zielen daher kommt:
- Die Entwicklung eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes
- Umsetzung Privacy by Design und Default durch eine Verordnung
- Die DSGVO festigen und erweitern
- Datenportabilität und Interoperabilität bei sozialen Netzwerken
- Gegenwirken gegen die Kriminalisierung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
- Keine Videoüberwachung und Gesichtserkennung im öffentlichen Raum
- Rückentwicklung der anlasslosen Biometrischen Datenbanken
- Keine Quellen Telekommunikationsüberwachung sowie Staatstrojaner
- Gesetzliche Verankerung des Rechts auf Privatsphäre, sichere Kommunikation sowie Verschlüsselung
- Keine Vorratsdatenspeicherung
- Keine Weitergabe von Daten durch öffentliche Verwaltungen und Meldeämter ohne Einwilligung
- Zugriffsrecht von Wettbewerbern auf Datenmonopole
Ausblick
Insgesamt lässt sich aus den Wahlprogrammen eine Tendenz zugunsten des Datenschutzes herauslesen. Sollte jedoch eine Koalition mit der Union gebildet werden, welche zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrages bei 196 Sitzen liegt, könnte es in Zukunft spannend werden was aus den Diskrepanzen der Positionen zum Datenschutz hervorgeht. Gerade bei der möglichen Jamaika-Koalition wäre das Thema Datenschutz ein Streitthema, sollten die Parteien ihren Wahlversprechen treu bleiben.